Zentripetalkraft
Physik
Definition
Zentripetal heißt so viel wie nach innen zum Mittelpunkt hin strebend[1]: die Zentripetalkraft ist eine Kraft, ist eine besondere sogenannte Zentralkraft[2] oder auch Radialkraft[4]: die Kraft wirkt immer hin zu einem ortsfesten[5] Punkt wirkt, oft der Mittelpunkt einer Kreisbahn[15]. Hier wird kurz die Formel zur Berechnung der Zentripetalkraft vorgestellt. Die Zentripetalkraft im Sinne einer Kreisbewegung bietet einen guten Anlass, sich drei Probleme im Verständnis von Kräften und Kräftegleichgewichten bewusst zu machen und zu klären.
Formeln zur Zentripetalkraft
- Fz = mv²/r
- Fz = mω²r
- Fz = ma
Legende
- Fz = die Zentripetalkraft, z. B. in Newton ↗
- m = zum Beispiel in Kilogramm, die Masse ↗
- r = zum Beispiel in Meter, der Bahnradius ↗
- v = zum Beispiel in m/s ist die Bahngeschwindigkeit ↗
- ω = zum Beispiel in rad/s oder Grad/s Winkelgeschwindigkeit ↗
- a = zum Beispiel in m/s² die Zentripetalbeschleunigung ↗
- / = Divisions oder Geteiltzeichen ↗
- ² = Quadrat als hoch zwei ↗
Konzept I: die Terme mω und mv²/r sind eigentlich Zentrifugalkräfte
Zur Berechnung der Stärke der Zentripetalkraft verwendet man wahlweise die Terme mω²r oder mv²/r. Beide Terme stehen nach Newtons zweitem Axiom für Masse mal Beschleunigung (kurz F=ma)[6], leiten sich also aus der Zentripetalbeschleunigung her. Zwischen beiden Termen kann man über die Beziehung zwischen den Bahngeschwindigkeit v und der Winkelgeschwindigkeit ω hin und her umrechnen über v=ω·r[7].
1.0 Die Terme mv²/r und mω²r berechnen korrekt Betrag der Zentripetalkräfte.
Die Terme mv²/r und mω²r geben also den richtigen Zahlenwert der Zentripetalkraft als Betrag[8] an. Von ihrem physikalischen Prinzip her bezeichnen diese Terme aber die Trägheitskraft, die die Körper der Beschleunigung hin zum Zentralpunkt der Bewegung entgegenbringen. Diese Trägheitskräfte wirken aber aus Sicht des Zentralpunktes und auch aus Sicht des bewegten Körpers nach außen. Sie sind damit nicht die nach innen wirkenden Zentripetalkräfte sondern die nach außen wirkenden Zentifugalkräfte.
2.0 Physikalisch stehen die Terme mv²/r und mω²r für die Zentrifugalkraft. Nur ihr Betrag ist gleich dem der Zentripetalkraft.
Die nach innen wirkenden Kräfte, die Zentripetalkräfte, sind zum Beispiel die Kräfte, die in einem Seil wirken, an dessem Ende ein Körper geschleudert wird. Oder auch die Anziehungskraft der Sonne auf die Erde ist eine richtig gedeutete Zentripetalkraft. Im Ergebnis heißt das: benutze die Formeln oben zur Berechnung der Größe, behalte aber im Kopf, dass mv²/r und mω²r Zentrifugalkräfte sind. Siehe auch Zentrifugalkraft ↗
Konzept II: es herrscht ein dynamisches Kräftegleichgewicht
Solange ein Körper sich auf einem Teil einer Kreisbahn bewegt, sind die Zentripetal- und die Zentrifugalkraft beide vom Betrag her gleich groß und von der Richtung her genau entgegengesetzt. Dieser Umstand erlaubt es, die Zentripetal- und die Zentrifugalkraft mathematisch gleichzusetzen.
3.0 Für eine Kreisbewegung gilt für die Beträge der Kräfte: Zentripetalkraft = Zentrifugalkraft
Man muss dabei zwei Arten von Kräftegleichgewichten unterscheiden: a) den Fall, dass die Summe aller von außen angreifenden Kräfte vektoriell gedacht Null ergibt[9], und b) dass die Summe aller Kräfte einschließlich der Träghkeitskräfte vektoriell bertrachtet Null ergibt[10]. Tatsächlich greift bei einer Kreisbewegung, etwa wenn ein Planet um sein Zentralgestirn wandert, nur eine einzige äußere Kraft an dem Planeten an, nämlich die Anziehungskraft des Zentralgestirns[11]. Und diese einzig wirkende Kraft ist die nach innen gerichtete Zentripetalkraft.
4.0 Bei einer Kreisbewegung wirkt als äußere Kraft nur die Zentripetalkraft.
Wenn man also das Kräftgleichgewicht Zentripetalkraft = Zentrifugalkraft bildet, dann verwendet man bewusst oder unbewusst das konzept eines dynamischen Kräftegleichgewichts. Bei diesem darf die Summe aller von außen angreifenden Kräfte von Null verschieden sein. Aber die Summe aller Kräfte, einschließlich der Trägheitskraft des Körpers selbst, muss Null ergeben[12]. Siehe mehr unter dynamisches Gleichgewicht (Technische Mechanik) ↗
Konzept III: der Einfluss des Radius r
Mit jedem der Terme mv²/r und mω²r kann man die Stärke der Zentripetalkraft korrekt berechnen. Dabei wird einmal durch den Radius der Kreisbewegung geteilt und einmal mit dem Radius multipliziert. Das würde heißen, dass im ersten Fall die Zentripetalkraft mit steigenden Radius kleiner wirkt (umgekehrte Proportionalität). Im zweiten Fall aber würde die Zentripetalkraft mit dem Radius gemeinsam proportional wachsen. Die Frage ist dann: welchen Einfluss hat der Radius einer Kreisbewegung wirklich auf die Zentripetalkraft? Um den Widerspruch aufzulösen, muss man zunächst jede Formel für sich alleine nach dem Prinzip ceteris paribus[13] deuten.
- a) mv²/r kann man so deuten: wenn man die Masse m eines Körpers auf einer Kreisbahn konstant hält und auch die Bahngeschwindigkeit v des Körpers auf seiner Kreisbahn immer gleich groß bleiben soll, dann wird die Zentripetalkraft kleiner, wenn der Radius erhöht wird. Beispiel: die Erde ist rund 150 Millionen Kilometer von der Sonne entfernt und bewegt sich mit rund 30 Kilometern pro Sekunde auf ihrer Kreisbahn. Wenn man die Erde nun auf den Abstand der Neptunbahn, etwa 4,5 Milliarden Kilometer von der Sonne entfernt, bringen könnte und dabei ihre Bahngeschwindigkeit von 30 km/s beibehält, dann wäre die Zentripetalkraft zur Erhaltung einer Kreisbewegung etwa ein Dreißigstel so groß wie vorher.
- b) mω²r kann man so deuten: wenn die Masse m eines Körpers auf einer Kreisbahn konstant hält und auch die Winkelgeschwindigkeit ω des Körpers auf seiner Kreisbahn immer gleich groß bleiben soll, dann wird die Zentripetalkraft entsprechend größer.[15] Verfrachtet man die Erde von ihrer gegenwärtigen Kreisbahn mit einer Winkelgeschwindigkeit von 360° pro Jahr auf die Kreisbahn des Planeten Neptun, und soll sie die Winkelgeschwindigkeit von einem vollständigen Umlauf in einem Erdjahr beibehalten, dann würde man eine dreißig mal so große Zentripetalkraft zur Beibehaltung der Kreisbewegung benötigen wie vorher.
Dieser Zusammenhang wird klarer, wenn man sich näher mit dem Unterschied zwischen der Bahngeschwindigkeit v und der Winkelgeschwindigkeit ω beschäftigt. Siehe dazu auch Winkelgeschwindigkeit ↗
Fußnoten
- [1] "Zentripetāl (lat.), zum Mittelpunkt hinstrebend; Zentripetalkraft, s. Zentralbewegung." In: Brockhaus' Kleines Konversations-Lexikon, fünfte Auflage, Band 2. Leipzig 1911., S. 1021. Online: http://www.zeno.org/nid/20001696904
- [2] Die Zentripetalkraft als Beispiel einer nach innen gerichteten Zentralkraft: "Da nun der Planet in der Bahn bleibt, so muß eine der Zentrifugalkraft gleiche, aber entgegengesetzt wirkende Zentripetalkraft der erstern das Gleichgewicht halten. Die in die Richtung des Radius Vector fallende Komponente dieser Kraft ist die gesuchte Zentralkraft." Im Artikel "Planeten", in: Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 16. Leipzig 1908, S. 3-9. Siehe auch Zentralkraft ↗
- [3] Die Zentripetal muss keine Kreisbahn ergeben: "Die Zentripetalkraft (auch Radialkraft) ist die äußere Kraft, die auf einen Körper wirken muss, damit sich dieser im Inertialsystem auf einer gekrümmten Bahn bewegt. Die Zentripetalkraft ist zum Mittelpunkt des Krümmungskreises gerichtet und steht senkrecht auf dem Geschwindigkeitsvektor im Inertialsystem." In: der Wikipedia-Artikel "Zentripetalkraft". Abgerufen am 12. Mai 2024. Online: https://de.wikipedia.org/wiki/Zentripetalkraft
- [4] Die Zentripetalkraft als Sonderfall einer Radialkraft: "Als Radialkraft wird allgemein eine in radialer Richtung zum Zentrum oder vom Zentrum weg gerichtete Kraft bezeichnet. Bei der Bewegung eines massebehafteten Körpers oder Fluidelements auf einer Kreisbahn besteht ein Gleichgewicht in radialer Richtung zwischen der nach außen gerichteten Fliehkraft (Trägheitskraft) und der nach innen gerichteten Zentripetalkraft (Beschleunigungskraft)." In: KSB Kreiselpumpen-Lexikon. Dort der Eintrag "Radialkraft". Abgerufen am 24. April 2024. Online: https://www.ksb.com/de-global/kreiselpumpenlexikon/artikel/radialkraft-1076528
- [5] Ein Punkt heißt ortsfest heißt, dass der Punkt seine Lage im gewählten Koordinatensystem nicht verändert. Das Wort wird oft im Zusammenhang mit Maschinen verwendet. Siehe auch ortsfest ↗
- [6] Die Terme v²/r sowie ω²r stehen beide für die sogenannte Zentripetalbeschleunigung. Nach Newtons zweitem Axion (F=m·a) ist die Kraft gleich dem Produkt aus der Masse und der Beschleunigung. Multipliziert man also einen der Terme für die Zentripetalbeschleunigung mit der Masse des Körpers auf der Kreisbahn, dann erhält man darüber die Zentripetalkraft. Zum Hintergrund siehe auch zweites Newtonsches Axiom ↗
- [7] Die Grundidee dieser Umrechnung ist die Definition der Winkelgeschwindigkeit ω über das sogenannte Bogenmaß [rad] ↗
- [8] Als Betrag bezeichnet man in der Mathematik den positiven Anteil einer Zahl. Der Betrag von -2 ist nur 2. Siehe dazu auch Betrag einer Zahl ↗
- [9] Diese Variante von Kräftegleichgewicht liegt Newtons zweitem Axiom F=ma zugrunde: alle von außen angreifenden Kräfte ergeben in Summe Null. Die Kräfte als Vektoren gedacht, ergeben als Vektorsumme den Nullvektor. Siehe mehr unter Vektorsumme ↗
- [10] Wenn die Trägheitskräfte mit in die Summe der Kräfte einbezogen werden, hat man ein dynamisches Gleichgewicht (Technische Mechanik) ↗
- [11] Das Zentralgestirn in unserem Sonnensystem ist die Sonne. Bei dem Beispiel hier wird außer Acht gelassen, dass es noch weitere Planeten gibt, die etwa von außen mit ihrer eigenen Anziehungskraft an der Erde ziehen. Siehe auch Zentralgestirn ↗
- [12] Dass eine Kreisbewegung alleine durch eine einzige äußere Kraft entstehen kann, zeigt ein einfaches Gedankenexperiment. Man stelle sich eine kleine Kugel vor, die in einem ansonsten leeren Weltraum auf einer geraden Bahn fliegt. Angenommen, man wäre selbst ein körperloser Geist, der die Kugel aber anstoßen kann, dann wäre es möglich, ständig so die Kugel anzutippen, dass sie letzten Endes auf einer Kreisbahn fliegt. Man wird dabei feststellen, dass die Stöße von außen immer hin zu einem zentralen Punkt, dem Zentralpunkt der Kreisbewegung zeigen. Es gibt keine irgendwie geartete nach außen zeigende Zentrifugalkraft, die man hier benötigt. Die Zentrifugalkraft tritt aber scheinbar aus Sicht des Körpers selbst als nach außen wirkende Kraft auf.
- [13] Ceteris paribus steht für die Idee, dass man zunächst alle Einflussgrößen eines Zusammenhangs als unveränderlich, das heißt konstant annimmt. Dann ändert man real oder gedanklich nur genau eine Größe und beobachtet, welchen Einfluss das auf das betrachtete System hat. Siehe auch ceteris paribus ↗
- [14] "Auf einen Körper, der sich gleichförmig auf einer Kreisbahn bewegt wirkt eine kraft von konstantem Betrag Diese Kraft ist stets zum Mittelpunkt des Kreises hin gerichtet. Sie wird Zentripetalkraft genannt." In: Dorn.Bader. Physik SII Gesamtband Gymnasium. Westermann Bildungsmedien. Braunschweig. 2023. ISBN: 978-3-14-152376-8. Dort die Seite die Seite 52.
- [15] "Der Betrag der Zentripetalkraft ist proportional (a) zur Masse des rotierenen Körpers (b) zum Radius der Kreisbahn und (c) zum Quadrat der Winkelgeschwindigkeit, mit der sich der Körper längs der Kreisbahn bewegt." In: Dorn.Bader. Physik SII Gesamtband Gymnasium. Westermann Bildungsmedien. Braunschweig. 2023. ISBN: 978-3-14-152376-8. Dort die Seite 54.